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Restaurantkritik Anlegen am „Pier 5“

Sanft wiegen sich die Masten der Segelboote im Wind, Wellen klatschen leise gegen die Rümpfe, am Ufer des Sees reihen sich Weinreben aneinander, an der Hafenmole schwankt eine Palme. Wäre da nicht dieser unsanfte Sommer, könnte man sich in Italien wähnen. So aber, bei 15 Grad Mitte August, versagt die Vorstellungskraft, und der schöne Freisitz mit Seeblick wird nur von den ganz Harten genutzt. Raucher und so.

Spielecke für Kinder im „Pier 5“

Wir sind zu Gast im „Pier 5“, einem Café und Restaurant der Marina Mücheln am Geiseltalsee. Ziehen uns ins Innere zurück, was aber gar nicht schlimm ist. Man sitzt dort vor großen Fenstern mit Blick auf die anderen Gäste und dahinter das Wasser. Der zweietagige Gastraum ist nüchtern-modern eingerichtet, dunkles Mobiliar, große orangefarbene Lampen an der Decke. Eine Spielecke für Kinder gibt es auch, mit einer kleinen Küche.

Dem französischen Kochen hat man sich hier verschrieben. Die Geschäftsführerin, Susan Bergert, hat nach einem Urlaub im Elsass beschlossen, ihr Wohlgefühl nach Deutschland zu importieren. Das Weingut Kieffer aus Blienschwiller, auf dem sie damals weilte, wurde sogleich zum Partner erkoren, Flammkuchen-Rezepte gesammelt und Ideen, was à la francaise auch bei uns funktionieren könnte. Es gibt aber, für die Hartnäckigen unter den Gästen, auch Deutsches, Rinderroulade zum Beispiel.

Smoothies und Cocktails in Mücheln

Aber fangen wir von vorn an, mit den Getränken. Gleich ein wenig Freude für uns am Anfang: Es gibt Smoothies! Also Fruchtsäfte, gemixt aus frischem Obst, Melonen oder Erdbeeren zum Beispiel. So langsam hält diese wunderbare Saftkultur auch in deutschen Lokalen Einzug. Im „Pier 5“ gibt es auch jede Menge anderer guter Getränke, Cocktails mit und ohne Alkohol, Joghurt- und Michshakes. Der Wein kommt, wie erwähnt, aus dem Elsass, vom Weingut Lars Reifert direkt vom Geiseltalsee und aus Freyburg von Dr. Hage. Leider ist der Bedienung bei uns ein kleiner Fauxpas unterlaufen: Gerne hätten wir einen Wein vom heimischen Seeufer getrunken, stattdessen bekamen wir einen Saale-Unstrut-Tropfen. Was natürlich prinzipiell nicht schlimm ist. Der Bacchus (5,30 Euro), recht schwer und zur Süße tendierend, entsprach den Erwartungen, wie man so schön sagt.

Süppchen und Wachteln mit Seeblick

Nun zum Essen. Eine Suppe (5,60 Euro) wurde ausgewählt, aus frischen Tomaten mit Basilikum, Karotten, Sellerie und Sahnehäubchen. Hat sehr gut geschmeckt, vor allem sorgte die eher flüssige Konsistenz dafür, dass hernach noch Platz für das Hauptgericht war.

Dann gab es noch eine Wachtel als Vorspeise (9,10 Euro), serviert mit einem warmen, süß-sauer angemachten Linsen-Salat. Der war interessant, aber stellte nicht so eine Herausforderung dar wie das geschmorte Vögelchen. Denn: Wie isst man eine Wachtel? Auf dem Teller liegt ein runder Bauch, aus dem zwei lange dünne Beinchen ragen. Die lassen sich abnagen, viel ist freilich nicht dran. Der Rest muss, will man einigermaßen gesittet agieren, mühsam mit Messer und Gabel bewältigt werden. Fest ist das Fleisch, aber nicht trocken. Der Geschmack erinnert an Huhn, mit einer Wildnote verstärkt.

Saucen könnten kräftiger ausfallen im “Pier 5„

Nach französischer Art sollen dann auch die beiden Minischweinehaxen zubereitet sein. Bedeutet, die kleinen Füße - vom Spann, daher mini - waren mit Münsterkäse überbacken (12,50 Euro). Dazu Sauerkohl und Drillinge, das sind diese kleinen Kartoffeln, mit Schale serviert. Der Käse, eine Spezialität aus dem Elsass, ist eigentlich von milder Natur, hier aber schaffte er es, den Geschmack des Fleisches zu überdecken.

Als zweites Hauptgericht wurde Loup de Mer serviert, Wolfsbarsch mit einer Sauce verte, Salat und Drillingen (16,30 Euro). Der Fisch war sehr zart, die grüne Sauce hätte ein wenig kräftiger ausfallen können. Wie auch der Salat, der dem Geschmack nach ohne Vinaigrette auskommen musste. Und die Kartoffeln? Die lagen ein wenig uninspiriert auf den Tellern, so ohne Sauce sind sie doch arg trocken.

Kaffebohnen im Grappa

„Da war schon viel Schönes dran“, sagen nette Menschen, wenn sie dezent kritisieren wollen. Das Zitat passt gut an dieser Stelle.

Gastronomie auf zwei offenen Etagen: Blick von oben hinab zum Tresen, an dem Geschäftsführerin Susan Bergert steht.

 

Fast hätten wir den Flammkuchen vergessen, „La Gratinée“ (8,80 Euro) war zusätzlich zum Schinken- und Zwiebelbelag mit Käse überbacken. Mit „Ist okay“ wurde der vom Flammkuchen-Experten am Tisch bewertet, immerhin. Angeboten werden übrigens fünf verschiedene Sorten des Elsässischen Backwerks, eine davon als süße Variante mit Äpfeln und Zimt.

Die Nachspeisen hatten es dann in sich, was Süße und Schwere betrifft. Das Schokoladensoufflé mit Karamellkern (6,80 Euro) und die Pyramide von Mousse au Chocolat mit Haselnuss-Crunch (6,50 Euro) waren sehr schmackhaft und sorgten für ein ausgeprägtes Völlegefühl. Aber das ist ja auch die Aufgabe einer Nachspeise.

Es gab dann noch einen Grappa (4,30 Euro), gegen das Völlegefühl. Serviert wurde der mit zwei Kaffeebohnen darin. Ganz ungewöhnlich, normalerweise schwimmt diese Deko im Sambuca. (mz)

 

Quelle & Link:

www.mz-web.de

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